Zeit für Gespräche

Seit zweieinhalb Jahren kümmert sich mog61 e.V. um obdachlose Menschen im Kiez

In der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 2020 wurden in Berlin erstmals obdachlose Menschen, die nachts auf der Straße schlafen, gezählt und befragt - ohne dass dabei jemand belästigt werden durfte. Berlin folgte damit als erste deutsche Stadt dem Beispiel von Paris und New York. Auch mog61 Miteinander ohne Grenzen e.V.  hat sich mit einem eigenen Zählteam an der Aktion beteiligt. Aus unserer Sicht war es so etwas wie ein erster Schritt. Wir wollten mehr über Menschen ohne Obdach herausfinden und Kontakte herstellen - zumal in unserem eigenen Kiez. Unser Verein hat die Aktion gerne unterstützt und ist nach wie vor überzeugt, dass die "Nacht der Solidarität" trotz aller Kritik richtig und wichtig war. Unter anderem führte sie dazu, die Menschen auf der Straße in der gesellschaftlichen Wahrnehmung sichtbarer zu machen.

Uns selbst als gemeinnützigen Verein hat die erste Nacht der Solidarität noch mehr für das Thema Obdachlosigkeit sensibilisiert und gezeigt, dass da Menschen am Rand unserer Gesellschaft leben und dass wir uns fragen müssen, ob wir das so wollen. Natürlich wollen wir das nicht! Deshalb sind wir in den folgenden Tagen losgezogen mit Broten, Getränken und Flyern über Betreuungsangebote, um in Kontakt mit diesen Menschen zu treten. Seitdem ist die prekäre Situation der Menschen auf der Straße ein Anliegen unseren Vereins mog61 Miteinander ohne Grenzen e.V.

Am 22. Juni 2022 war eine weitere Erhebung und Befragung obdachloser Berliner:innen geplant. Wegen des Mangels an freiwilligen Helfer:innen musste sie leider verschoben werden. Um mit wohnungslosen Menschen trotzdem - wenn auch in kleinerem Umfang - ins Gespräch zu kommen und mehr über ihre Lebenslagen und Herausforderungen zu erfahren, hat “Zeit der Solidarität” beim VskA e.V. / Fachverband der Nachbarschaftsarbeit, dem Aktionsbündnis Solidarisches Kreuzberg und der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e.V. am 22. und 24. Juni das Pilotprojekt “Zeit für Gespräche” durchgeführt. Dabei wurden an die 40 obdachlose Menschen am Wassertor, am Kottbusser Tor und am U-Bahnhof Südstern zu ihren dringendsten Bedürfnissen befragt. Zusammen mit der Radtour für obdachlose Menschen war mog61 e.V. am 24. Juni  am Südstern dabei und hat während der Essensausgabe Sachspenden verteilt.

Einen Monat später, am 20. Juli 2022, wurden im Nachbarschaftshaus in der Urbanstraße (NHU) von 16 bis 19.30 Uhr die Resultate der Umfrage unter dem Titel „Zeit für Gespräche – Ergebnisse und Begegnung“ vorgestellt und diskutiert. Das Besondere daran: Auch und vor allem die rund 40 obdachlosen Menschen, die an der Befragung teilgenommen hatten, waren dazu eingeladen. Es wurde ein schönes, harmonisches Zusammentreffen von Freiwilligen aus dem Projekt und interessierten obdachlosen Personen. mog61 e.V. war als Teil des Aktionsbündnisses Solidarisches Kreuzberg an Organisation und Durchführung der Veranstaltung aktiv beteiligt, so hat Vereinsvorsitzende Marie Hoepfner das Treffen zusammen mit dem Bálint Vojtonovszki vom VsKA e.V. das Treffen moderiert.

Für musikalische Untermalung sorgten Momo & Friends (Djembé, Gitarre) mit rhythmischer Musik aus Westafrika. Der große Saal im Nachbarschaftshaus war voll, nach einer Essenspause erarbeiteten vier Arbeitsgruppen im World-Café-Format detailliertere Vorschläge. Marie leitete ein Gruppe zum Thema "Diskriminierung und Rassismus auf der Straße". Dort entstand unter anderem die Idee, dass Streitfälle zwischen obdachlosen Menschen und Anwohner wie in anderen Städten auch künftig durch Konfliktlotsen besser gelöst werden könnten. Insgesamt war die Veranstaltung ein großer Erfolg. Als gemeinnütziger Verein freuen wir uns vor allem darüber, dass so viele Menschen ohne Wohnung den Weg ins NHU gefunden hatten. Es war ein Ort der Begegnung!

Link: Vgl. auch den Bericht über "Zeit für Gespräche" bei mogblog.