Das Interview
mog61: Warum singst Du?
Nyah: Weil ich schon immer gesungen habe. Ich habe unter der Dusche gesungen, ich habe beim Anziehen gesungen, ich habe auf dem Weg zur Schule gesungen. Und irgendwann, als es langsam allen auf die Nerven ging, haben sie gesagt: Verdammt, werde doch einfach Sängerin.
Du hast unter beiden Augen vier Punkte. Ist das so eine Art Kriegsbemalung?
Ich stehe total auf den Afropunk-Look und da geht es ja darum, dass punkige Elemente mit traditionellen, gesamtafrikanischen Elementen kombiniert werden. Deshalb trage ich auch eine Hose mit afrikanischem Web-Print-Stoff, gepaart mit schwarzer Farbe, die ja eher für andere Musikrichtungen steht. Ich liebe es, das zu kombinieren.
Du bist eine schwarze Frau. Wie gehst du damit um?
Ich persönlich fühle mich nie nur als schwarze Frau. Ich bin mindestens genauso weiß, wie ich schwarz bin. Irgendwann hab ich das als Kind gemerkt, dass ich anders bin. Ich konnte weder so sein wie mein schwarzer Papa noch wie meine weiße Mama. Ich dachte eine Zeitlang, ich werde keine hübsche Frau, für Frauen wie mich gibt es keinen Platz auf dieser Welt, wo ich als schön gelte.
Spielt die Hautfarbe bei deiner Musik eine Rolle?
Es gibt immer wieder absurde Momente. Mir wird gesagt: Oh, das ist aber deine dunkle Seite gewesen, ja, deine schwarze Stimme … Dann denke ich: Was ist eine schwarze Stimme? Ich denke nicht, dass man mir unbedingt anhört, wie ich aussehe. Sogar mein eigener Produzent hat mir ein Instrument in die Hand gedrückt und gesagt: Ja, die Schwarzen, die haben das im Blut, die können das einfach, ja ja ...
Ist das nicht auch ein Vorteil für dich?
Ja, einerseits kann das ein Pluspunkt sein, weil die Menschen bei mir grundsätzlich davon ausgehen, ich kann das, was ich tue. Andererseits hab ich das Problem, dass meine Musik auch oft missverstanden wird. Ich werde oft gefragt: Machst du Soul? Dann sage ich: Mmmmmh…. nicht wirklich. – Ahhh, dann machst du Reggae! – Nein, auch nicht. – Black Music? Als ob es gar keinen Raum gibt, über diese Genres hinaus was zu machen.
Hast du in Deutschland Erfahrungen mit Rassismus gemacht?
Das Schlimmste ist in Frankreich passiert. Ich wollte meine Tochter von der Kita abholen, sie war noch recht blond, hatte schon ihre hellgrünen Augen, die weiße Haut, das glatte Haar. Und dann wollte man sie mir nicht mitgeben. Die Erzieherin war im Urlaub gewesen und nun kam sie und sah mich und sagte nein. Es sei nicht glaubhaft, dass ich ihre Mutter bin. Ich solle die Geburtsurkunde und meinen Ausweis vorlegen. Diese Szene hat sich ewig hingezogen, bis dann irgendwann mein Mann um die Ecke schaute – blond und blauäugig. Das war eine wirklich verletzende Erfahrung – auch für mein Kind.
Reden wir mal nicht über deine Hautfarbe. Was magst du?
Ich mag‘s warm, ich mag warme Kuschelsocken, ich mag es, tolle Musik auf den alten Schallplatten meiner Mutter zu hören ... Ich mag Tee … ich mag Yoga, ich mag Farben, ich mag es, Farben zu kombinieren …
Und was magst du nicht?
Ich mag es nicht, wenn ich singe und mir jemand Zigarettenrauch in den Rachen pustet. Ich mag es nicht, wenn ich ein Gespräch mit jemandem führe, der mich vor fünf Minuten gegoogelt hat und sich alle möglichen Bilder angesehen hat und mich dann darauf anspricht. Ich mag‘s nicht, wenn… Ich bin eigentlich sehr großzügig. Es gibt wenig, was mich wirklich sehr stört.
Aber was stört dich sehr?
Wenn meine Fingernägel nicht gefeilt sind. Das nervt mich beim Spielen, weil man das dann spürt.
Nyah mit Band
am 26.10.2018
im UnterRock
Nyah ist 26 Jahre alt und hat eine zehnjährige Tochter. Ihr Vater stammt aus der Elfenbeinküste, ihre deutsche Mutter arbeitete für die Afrikanische Entwicklungsbank. In ihrer Kindheit ist sie viel gereist. Seit zehn Jahren lebt Nyah in Berlin und hat inzwischen ihren Master in „European Studies“ absolviert. Neben der Musik modelt sie.
Besetzung: Nyah (Gesang, Gitarre), Nane Kahle (Gesang), George Stadermann (Percussion), Réné Meité (Gitarre), Dennis Grabert (Trompete).
Echo Nyah
Ich habe sehr von der Förderung profitiert. So konnte ich nicht nur meine EP publizieren, sondern darüber hinaus eine erfolgreiche Record-Release-Party auf die Beine stellen. Der Andrang war so groß, dass mehrere Besucher leider keinen Platz mehr fanden.
Echo UnterRock
Es war ein schönes Konzert, der Laden war gut gefüllt. Es waren auch viele Leute da, die nicht direkt von Nyah kamen. Die Werbung hat gut funktioniert.
Harald Jaenicke, UnterRock
Das Interview führten Marie Hoepfner und Klaus Stark für mog61 nach dem Konzert.