Blume des Jahres: Distel

Bienen lieben sie, Blattläuse lieben sie und mog61 e.V. liebt sie auch

Es haben ja schon Leute nachgefragt: Wie ist es eigentlich in diesem Jahr mit Euren Blumen? Blüht da nichts? Nun, der Winter war lang. Im Frühling hat es sehr viel geregnet - das war gut für die meisten Pflanzen, aber schlecht für die Stockrosen, weil das dem Malvenrost Vorschub leistet, der sich explosionsartig ausgebreitet hat. Das ist ein ekelhafter Pilz, der rote Punkte auf den Blättern hinterlässt und den sowohl die Stockrosen wie auch mog61 Miteinander ohne Grenzen e.V. gar nicht leiden können.

Als das Wetter besser wurde, haben wir die Malvenbeete zwecks Unkrautverhinderung erst einmal mit Rindenmulch abgedeckt. Es lässt sich halt nicht verschweigen, dass Urban Gardening nicht nur Spaß macht, sondern auch viel Arbeit bedeutet. Dann kam die nächste schlechte Nachricht: Unsere Lupinen, die letztes Jahr für so viel Freude sorgten, haben den Winter nicht überlebt. Deswegen ist das Beet vor der Transmitter-Sprachschule in diesem Sommer eher eine Art Experimentierfeld mit gelben Ringelblumen und Samenbomben, wo wir noch nicht so genau wissen, was da alles wächst.

Im Mai kam die warme Sonne heraus und alles wurde gut. Absolute Hingucker in diesem Sommer sind die Nickenden Disteln (Carduus nutans; Foto ganz oben): Stolze, wehrhafte Pflanzen von einer extravaganten Schönheit, die ein ganzes Beet prägen können. Bienen lieben sie, Blattläuse lieben sie und wir lieben sie auch. Es sind zweijährige Pflanzen, die im ersten Jahr nur eine flache, stachelige Rosette ausbilden und im zweiten dann bis zu zwei Meter in die Höhe schießen. Im Unterschied zu anderen Distelarten sterben sie danach ab, so dass man sich keine Sorgen machen muss, dass sie als Unkraut eventuell bleiben und überhand nehmen könnten.

Erstmals beherbergen wir die Gewöhnliche Pechnelke (Silene viscaria; Fotos von oben nach unten). Sie hat ihren Namen von einem klebrigen Belag unterhalb der Blüte, der Blattläuse abschrecken soll. Der blaue Wiesensalbei (Salvia pratensis) brachte es letztes Jahr nur auf eine einzige Blüte, die außerdem vom Sturm abgeknickt wurde. In diesem Juni füllt er ein halbes Beet. Und wie schön kann eine einfache Wilde Malve (Malva sylvestris) sein, die ganz aus Eigeninitative bei uns vorbeischaut!

Von der Idee her bewegt sich unser Hauptbeet an der Gneisenaustraße weitgehend zwischen den Farben Rot und Blau. Eckpunkte sind dabei der knallrote Klatschmohn (Papaver rhoeas) - die Lieblingsblume unserer Vereinsvorsitzenden Marie - und die leuchtend blaue Kornblume (Cyanus segetum). Beide dürfen natürlich in keinem Sommer fehlen. Dazwischen ist viel Platz für rosa-, lilafarbene und violette Zwischentöne.

Für die Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe) etwa, auch sie ein Neuling. Ein schöner Korbblütler, der vor allem auf trockenen Wiesen vorkommt. Die schon von Carl von Linné beschriebene Kartäusernelke (Dianthus carthusianorum) mit ihren fünf Blütenblättern ist als Wildblume in Berlin inzwischen selten geworden - mog61 hegt und pflegt sie seit zwei Jahren. Gleich rechts daneben auf dem Foto sieht man eine kugelförmige Grasnelke (Armeria maritima). Ihren Samen haben wir auf dem Tempelhofer Feld eingesammelt.

Auf der Baumscheibe einer Baumhasel am Straßenrand hat Uwe ein improvisiertes Bambusgerüst gebaut. Dort rankt sich eine violette Vogel-Wicke (Vicia cracca; ohne Foto) malerisch empor und hat inzwischen schon die fünfte Etage erklommen. Zu ihren Füßen versuchen wir Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia; ohne Foto) anzusiedeln - ein Schmetterlingsblütler in edlem Rosa, der als gute Bienenweide gilt und außerdem den Boden verbessern soll, was dringend nötig wäre. Und während wir noch von den Disteln schwärmen, strebt in der anderen Beethälfte etwas noch Größeres ganz ohne Einladung majestätisch in die Höhe: eine Großblütige Königskerze (Verbascum densiflorum). Sie ist gelb! Darf sie trotzdem bleiben? Natürlich darf sie.